Interview mit Gründungs-Vater und Geschäftsführer

Zwei Pioniere ihres Fachs

40 Jahre ist es her, seit Walter Hugentobler zusammen mit Pfadfinderkollegen Kontiki gründete. Ein grosses Vorbild war der nordische Abenteurer Thor Heyerdahl – kein Wunder benannten die Freunde ihre Firma nach dem Floss des norwegischen Expeditionsleiters. Heute navigiert Bruno Bisig den Kontiki-Katamaran durch die Reisewelt. Die beiden Nordenprofis im Gespräch über damals, heute und morgen.

Dieses Interview wurde anlässlich des 40 Jahre Jubiläums von Kontiki Reisen aufgenommen. Walter Hugentobler ist am 2. Dezember 2021 nach kurzer Krankheit friedlich eingeschlafen. Mehr dazu finden Sie in unserem Nachruf.

Walter Hugentobler

Gründer Kontiki Reisen

Walter war ein Tausendsassa: Während seines Wirtschaftsstudiums verdiente er sein Geld als Chauffeur. 1979 gründete er zusammen mit Pfadfinderfreunden das Reisebüro «Kontiki», das die Besitzer 2006 an die Kuoni Gruppe verkauften. Daneben arbeitete er als Dozent an der Fachhochschule Nordwestschweiz und war als Lehrbeauftragter der HSG St. Gallen und als VR-Präsident der RVBW (Busunternehmen in der Region Baden) tätig.

Bruno Bisig

Geschäftsführer

Bruno brachte seine Leidenschaft für den Norden 2003 zu Kontiki Reisen, wo er zuerst als Product Manager Skandinavien seine Ideen und Begeisterung einbrachte. Nach einem kurzen Abstecher ins Marketing während seines EMBA-Studiums übernahm er 2010 die Geschäftsführung von Kontiki Reisen und steuert seither das Unternehmen erfolgreich durch den Markt. Sein Fokus liegt auf der nachhaltigen Tourismusentwicklung.

Bruno Bisig (BB): Walti, wie seid ihr 1979 als Pfadfindergruppe auf die Idee gekommen, Kontiki zu gründen?

Der Kontiki-Keim entwickelte sich schon einige Jahre davor: Im Zuge der Studentenkrawalle der 1960/70er-Jahre war es für Organisationen wie die Pfadi wichtig, die Jugendlichen in spannende Initiativen einzubinden, in denen sie sich engagieren konnten. So entstand unser erstes grosses Projekt: Wir kauften ein altes Postauto, bauten es zu einem Wohnbus um und fuhren nach Südschweden zum Kanufahren. Wir waren von der weiten unberührten Natur verzaubert: Sogar das Seewasser konnten wir direkt aus unseren Gamellen trinken – ein Traum für uns Pfadfinder!

(BB): …und der euch auch in der Schweiz nicht mehr losliess.

Genau. Während der Bus zum treuen Begleiter für viele weitere Reisen mit Jugendgruppen wurde, reifte in unseren Köpfen die Idee, ein eigenes Transportunternehmen für Fahrten nach Skandinavien zu gründen. Eines, das auf Busreisen fokussierte, weil Flüge oder Bahnreisen in den Norden damals viel zu teuer waren und diese wunderbaren Landschaften für die meisten Schweizer schlicht unzugänglich waren. So entwickelte sich Kontiki stetig und heute können wir auf 40 tolle Jahre zurückblicken.

(BB): Ihr wart also so etwas wie moderne Pioniere im Norden…

Wir waren einfach nachhaltig davon überzeugt, dass unser Angebot einem Bedürfnis entspricht und somit eine Lücke auf dem Reisemarkt schliesst. Ich glaube fest daran, dass ein Mehrwert für alle Partner – Gäste wie Destinationen – bis heute der einzige erfolgreiche Weg in der Reisebranche ist. Wir bewegten uns damit lange wortwörtlich in touristischem Neuland. Ich erinnere mich gut: Als ich zum ersten Mal mit unserem Direktfl ug nach Kittilä ins fi nnische Lappland flog, fragte man mich am Check-in in Zürich, ob Kittilä eine griechische Insel sei. Das macht deutlich, wie unbekannt Reisen in nordische Länder damals waren.

(BB): Du bist ja sehr viel gereist. Was ist dein schönstes Norden-Erlebnis?

Das ist nicht ganz einfach zu beantworten, schliesslich hat Skandinavien so viele verschiedene Facetten zu bieten… Zu den eindrücklichsten Erfahrungen gehört sicher die Reise an die Westküste Grönlands zum Ilulissat-Eisfjord. Das ist eine atemberaubend schöne Märchenwelt, die sich kaum in Worte fassen lässt.

Walter Hugentobler (WH): Kommen wir zu dir Bruno: Seit du das Ruder übernommen hast, hat sich in der Reisewelt einiges getan…

Ja, einerseits haben sich das Reiseverhalten Reiseverhalten und die vielen Möglichkeiten, sich als Kunde Informationen zu beschaffen, gerade auch mit der digitalen Entwicklung in den letzten Jahren, stark verändert. Ein Spezialist für Reisen in den Norden zu sein bedeutete früher, dem Kunden eine Hotelauswahl in Stockholm zu bieten und ihm eines davon vermitteln zu können. Heute ist jeder Reisende selbst nur wenige Klicks von der Hotel- oder Mietwagenbuchung entfernt. Und da sind wir wieder beim Mehrwert, den du vorhin angesprochen hast und den wir uns bei Kontiki natürlich auch heute noch täglich auf die Fahne schreiben: Heute besteht dieser Mehrwert aus Erlebnissen und Insidertipps vor Ort, die wir dank unseres Netzwerks und dem Wissen von unseren 100 Mitarbeitenden bündeln und zur Verfügung stellen. Andererseits gehört der Tourismus zu den boomenden Sektoren weltweit und gerade auch der Norden ist in den letzten Jahren stärker in den Fokus gerückt. Wieviel Wachstum Natur und Kultur vertragen ist eine Frage, die auch uns nicht erst seit gestern stark beschäftigt. Unsere Vision ist, hinsichtlich Nachhaltigkeit in zehn Jahren der führende Reiseveranstalter weltweit zu werden. Es macht mich stolz zu sagen, dass wir auf einem sehr guten Weg dahin sind.

(WH): Also ist Kontiki auch heute wieder eine Art Pionier…

Das darf man schon so sagen, ja. Als eine der ersten Firmen hierzulande wurden wir 2013 mit dem Nachhaltigkeitslabel TourCert zertifi ziert, die als wichtigste Auszeichnung für Nachhaltigkeit und Unternehmensverantwortung im Tourismus gilt. Für mich ist das ein wichtiges Sprungbrett, das uns die nötige Glaubwürdigkeit gibt, um in den Destinationen und zusammen mit unseren Partnern vor Ort Workshops für einen nachhaltigen und verantwortungsvollen Tourismus zu starten. In Luosto in Finnland zum Beispiel begannen wir vor fünf Jahren, die touristischen Dienstleister und Organisationen sowie die politischen Vertreter an einen Tisch zu bringen. Wir stehen als Reiseveranstalter ganz klar mit in der Verantwortung, dass authentische Erlebnisse im Norden auch in 40 Jahren noch möglich sind.

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