Geschichten aus dem Fototagebuch von Gästebetreuer Marcel Hoppler
Fünf Wochen auf den Lofoten: Marcel Hoppler nimmt uns mit auf einen Streifzug durch sein Tagebuch. Er erzählt von unerwarteten Farbspielen am Himmel – nein, damit meint er nicht nur das Nordlicht – , Begegnungen mit Elchen, den Folgen des Schneesturmes, spendablen Einheimischen und seinem Kulturschock nach der Rückkehr.
Rotes Himmelfeuer
Wir waren den ganzen sonnigen Tag lang unterwegs gewesen und kamen am frühen Abend an einen Fjord. Plötzlich begann sich der Himmel zu verändern: Das blaue Dämmerlicht verwandelte sich nach und nach in ein flammendes Rot, der ganze Himmel leuchtete warm über dem schneebedeckten Hafen – einer der schönsten Momente für mich überhaupt. Schon am zweiten Morgen nach meiner Ankunft schaute ich aus dem Stubenfenster und rieb mir die Augen, weil der Himmel brannte. Dieses Naturschauspiel zur Dämmerungszeit sollte mich noch unzählige Male betören. Ich erlebte Himmelsstimmungen in einer Farbigkeit, wie ich sie noch nie zuvor gesehen habe.
Marcel Hoppler
Backoffice Touroperating / Office ManagerIm Hohen Norden kommt Marcel Hoppler ins Jubeln. Einerseits wegen der fast einsamen Strände, den faszinierenden Landschaften, den beeindruckenden alten Städten und den Pubs. Vor allem aber, weil er als Eishockey-Fan in Schweden und Finnland schon einige Male an einem Match war. Und als die Schweiz in Stockholm Vize-Weltmeister wurde, feierte er im Publikum. Mit seiner Freundin zieht es ihn jährlich für ein paar Tage quer durch Dänemark, hin zu ihren Wurzeln, weg aus dem Alltag.
Immer diese Elche!
Auf dem Weg vom und zum Flughafen Evenes entdeckten wir zuverlässig viele Elche – was bei den Gästen und uns für Entzücken sorgte. Anders bei unserem Fahrer. Während wir die grossen Tiere begeistert beobachteten und fotografierten, hielt er eher unwillig an. „Immer diese Elche!“, murrte er und verdrehte die Augen. „Die fressen meinen Garten kahl!“ – Ich konnte nur mit Mühe ein Grinsen unterdrücken.
Mit dem Laptop am Fjord
An einem strahlend schönen Tag packten meine Kollegin Anja Habbe und ich unsere Laptops ein und liessen uns im Fischerdörfchen Nusfjord am Ufer nieder. Der Schnee glitzerte, das Wasser lag spiegelglatt vor uns, die Sonne wärmte unsere Gesichter, unser Blick wanderte immer wieder über den Hafen mit Leuchtturm und das Meer, während wir die Anfragen unserer Gäste beantworteten, Tipps gaben und Ausflüge buchten. Am Fjord fühlte sich das alles so gar nicht „wie schaffe“ an! Es war mein mit Abstand schönster Arbeitsplatz.
Nordlichter zum Empfang
Ich hatte gerade vier Gäste am Flughafen für den Transfer abgeholt. Während der Fahrt begann das Spektakel: Intensive Nordlichter tanzten und schwebten über den Bergflanken mit einer Kraft, als würde der Himmel demnächst explodieren. Die Augen der Gäste leuchteten mindestens so sehr wie die Polarlichter – damit ist ihr Herzenswunsch schon kurz nach der Ankunft in Erfüllung gegangen. Obwohl ich schon zahlreiche Nordlichter geniessen durfte, freute ich mich mindestens so sehr wie sie: Denn mit diesem Auftritt hatte die Aurora borealis alles Bisherige in den Schatten gestellt.
Juhee, Schnee!
Das Schöne am Schnee auf den Lofoten: Er macht alles still, dämpft jeden Lärm. Selbst die Strassen sind meistens weiss. Das weniger Schöne: Er macht auch mal einen Strich durch die Rechnung. So geschehen in jener Woche, als die Wettervorhersage nichts Gutes für den Samstag meldete: Wegen Schneesturm sei mit Strassen- und Brückensperrungen zu rechnen. Also informierten wir sofort alle Gäste, dass sie schon am Freitagabend zum Flughafen fahren müssen, da sie sonst auf den Lofoten festsitzen würden. Dank ihrer Flexibilität konnte die Crew am Samstag planmässig „Boarding completed“ melden und pünktlich Richtung Schweiz abheben.
Nie allein beim Bier
Haben Sie auch schon das Gerücht gehört, die Norweger seien etwas distanziert? Ich erlebte in den fünf Wochen das Gegenteil. Abends ging ich „allein auf ein Bier“ und fand mich immer in anregender Gesellschaft wieder. Die Einheimischen interessierten sich für meine Arbeit, mein Leben in der Schweiz und erzählten mir von ihrem Alltag am 68. nördlichen Breitengrad, zum Beispiel vom Fischfang. In einem Pub, das ich vor Jahren mal als Kontiki-Tipp erfasst hatte, erhielt ich meine Bestellung sogar zum Mitarbeiterpreis mit der Begründung „Du bist ja auch unser Mitarbeiter!“
O Corona!
So ein Pech! Ausgerechnet hier oben, wo nur zwei Leute pro Quardratkilometer leben, hat es Anja und mich gleichzeitig erwischt. Wer soll denn jetzt den Flughafen-Transfer übernehmen, wenn wir in Isolation sind? Bekanntlich gibt es für alles eine Lösung. Hier sah sie so aus: Unsere Kollegin Anita Stauffer, Produktionsleiterin bei Kontiki, flog kurzerhand auf die Lofoten, übernahm versiert den Transfer und kümmerte sich um unsere Gäste, bis wir wieder freigetestet waren.
Ice, Ice, Baby!
Ja, die winterlichen Lofoten mit ihren Karibikstränden und dem fast türkisblauen Meer sind hübsch – aber sie haben ihre Tücken. Das Aussteigen aus dem Auto aufs Glatteis erfordert einige Konzentration, wenn man nicht hart auf den Knie aufschlagen will. Ich habe meine Spikes für die Stiefel auf jeden Fall rasch schätzen gelernt.
Wie in der Südsee
Ehrlich gesagt, hätte ich Korallen und Seesterne eher in der Südsee vermutet als hier. Doch bei einem Ausflug mit dem Elektroboot im Trollfjord wurde ich eines Besseren belehrt: Durch die Glaswände sowie die Drohne, die stets Bilder auf den Bildschirm sendete, sahen wir eine verblüffend reiche Unterwasserwelt. So viel Leben hätte ich im nordnorwegischen Meer nie erwartet.
Kulturschock
Nach fünf Wochen, vier davon mit traumhaftem Wetter, fiel mir der Abschied schwer. In der Schweiz erlitt ich einen regelrechten Kulturschock: ich vermisste die leeren verschneiten Strassen, die Stille, das Gefühl der Freiheit, die Fjorde, die Berge, die so steil aus dem Meer ragen. Mir fehlten die entspannte Stimmung und die Natur, in der ich oft allein unterwegs war, von den Nordlichtern und dem roten Dämmerlicht ganz zu schweigen. Am liebsten wäre ich sofort wieder umgekehrt. Oft werde ich gefragt, ob ich noch eine Wintersaison auf den Lofoten verbringen würde. Meine Antwort: lieber heute als morgen!
„Es ist schon vor Sonnenaufgang hell!“
Interview: Franziska Hidber
Anja Habbe, bei „Lofoten im Winter“ denkt man zuerst an Nordlichter. Nun hat Marcel Hoppler aber vom himmlischen Farbenspiel zur Dämmerungszeit geschwärmt. Was hat es damit auf sich?
Das ist die Phase der „Bürgerlichen Dämmerung“ vor dem Sonnenauf- respektive nach ihrem Untergang. Morgens ist die Sonne ist noch nicht über dem Horizont, und trotzdem ist es schon hell – genau wie es abends nach dem Untergang hell bleibt. Diese Dämmerungsphasen sind im Norden im Winter viel länger als in der Schweiz und oft mit intensiven Himmelsfarben verbunden.
Apropos hell: Manche Leute stellen sich den Februar auf den Lofoten als dunkel vor. Zu Recht?
Gerade den Februar habe ich als ideal erlebt: Zwar ist die Zahl der Sonnenscheinstunden dann geringer als in der Schweiz. Dafür ist die Zeitspanne der Bürgerlichen Dämmerung Mitte Februar doppelt so lange. In der Summe ergibt das ausreichend Helligkeit am Tag für verschiedene Aktivitäten, und abends beginnt die Dunkelheit früh genug für die Sichtung der Nordlichter.
Nimmt man wahr, dass es von Tag zu Tag länger hell ist?
Oh ja. Da die Sprünge im Norden grösser sind als in der Schweiz, spürt man die Veränderung markant, was ich sehr genossen habe. Zum Vergleich: Am 10. Februar dauert die Bürgerliche Dämmerung (morgens und abends) in Svolvær 2:16 Stunden, in Zürich nur 1:05 Stunden. Am 15. Februar scheint die Sonne in Svolvær 9 Minuten länger als Vortag, in Zürich sind es 3 Minuten. Und am 7. März ist es in Svolvær und Zürich gleich lang hell, nämlich 12 Stunden und 25 Minuten.
Zurück zu den Nordlichtern: Was macht die Lofoten zum begehrten Hotspot für Fotofans?
Natürlich die Kulisse mit steilen Bergen, aber vor allem das Wasser: Der Nordatlantik ist nicht gefroren, und so spiegeln sich die Nordlichter im dunklen Fjord – das verspricht einzigartige Aufnahmen.
Anja Habbe
Head of IT & Process, DERTOUR Suisse AGGanz egal, wie oft Anja Habbe in den Norden reist: Jedes Mal kommt sie mit Fernweh zurück und erzählt begeistert von den neuen Eindrücken. 2014/15 erlebte sie Island vier Wochen lang im Winter: In Reykjavík verblüffte sie das Silvester-Feuerwerk, das mehrere Stunden dauerte. In der Region Mývatn staunte sie über die blubbernden Quellen mitten im Schnee sowie über vereiste Wasserfälle. Und das Nordlicht war ein häufiger, bis zuletzt faszinierender Begleiter.
Marcel Hoppler
Backoffice Touroperating / Office ManagerIm Hohen Norden kommt Marcel Hoppler ins Jubeln. Einerseits wegen der fast einsamen Strände, den faszinierenden Landschaften, den beeindruckenden alten Städten und den Pubs. Vor allem aber, weil er als Eishockey-Fan in Schweden und Finnland schon einige Male an einem Match war. Und als die Schweiz in Stockholm Vize-Weltmeister wurde, feierte er im Publikum. Mit seiner Freundin zieht es ihn jährlich für ein paar Tage quer durch Dänemark, hin zu ihren Wurzeln, weg aus dem Alltag.
Anja Habbe und Marcel Hoppler haben die Wintersaison 2022 als Gästebetreuer auf den Lofoten verbracht.