Das letzte indigene Volk Europas ist auf der Suche nach dem bestmöglichen Weg in eine sichere Zukunft: ein Besuch bei den Sami in Lappland.
Stefan Doppmann
freier JournalistAm Norden fasziniert den freien Journalisten Stefan Doppmann das Licht: Wie die Sonne im Zusammenspiel mit Wolken und Wasser zu jeder Jahreszeit immer neue zauberhafte Farben, Bilder und Stimmungen erzeugt.
«Soll ich für Euch einen Joik singen?» Diese Frage kommt unerwartet. Eben hat der junge Sami Aslak Paltto noch von den Grundzügen moderner Rentierzucht erzählt, als er seine Ausführungen plötzlich unterbricht und uns erwartungsfroh anschaut. Natürlich soll er. Wir sitzen am Ufer des Lemmenjoki. Der Fluss zieht gemächlich seinen malerischen Lauf durch den nach ihm benannten Nationalpark im Norden Finnisch-Lapplands. Hochaufragende Fichten wiegen sanft im Wind. Unser Blick schweift über das sich friedlich kräuselnde Wasser. Wir haben gerade unser einfaches aber ausgesprochen schmackhaftes Mittagsmahl beendet. Aslak wärmte auf dem offenen Feuer eine Suppe, die sein Vater zu Hause zubereitet hatte. Sie bestand aus Rentierfleisch, Kartoffeln und Gemüse. Dazu tischte er das traditionelle Roggenbrot mit Butter und Käse auf. Zum Kaffee, den unser Reiseführer in einem gusseisernen Topf ebenfalls in der Glut gebrüht hatte, reichte er uns einen Kuchen aus der Küche seiner Mutter.
Den Blick in die Ferne gerichtet, beginnt Aslak zu singen. Der Joik ist der traditionelle Gesang der Sami. Er klingt wie eine Mischung aus Jodel und indianischem Singsang. Der Sänger beschreibt in einer Mischung aus Worten und zusammenhanglosen Silben seinen Alltag und drückt seine aktuelle Stimmung sowie sein Lebensgefühl aus. «Der Joik kommt immer aus dem Herz. Und du joikst nicht über etwas, sondern du joikst es», erklärt Aslak.
Aslaks Joik berührt die Seele. Während er singt, scheint er entrückt und streift wohl vor seinem geistigen Auge durch die Wälder nördlich des Polarkreises auf der Suche nach seinen Rentieren, denen dieser Joik gewidmet ist. Wahrscheinlich kommt man einem Sami nie näher, als wenn er joikt. So plötzlich wie Aslak sein Lied begonnen hat, so abrupt bricht es ab. Das schnelle Ende scheint zum Joik dazu zu gehören. Auf unsere Bitte setzt er zu einem zweiten an. Besingt er darin wieder seine Tiere und die Natur in der und mit der er lebt? «Nein, diesen Joik hat mein Bruder gedichtet. Er ist seinem Schneemobil gewidmet.» Unromantisch? Der scheinbare Stilbruch wiederspiegelt ganz einfach die aktuelle Lebenssituation vieler Sami.
In die Moderne katapultiert
Die Zivilisation ist spätestens nach dem zweiten Weltkrieg auch in den Norden Lapplands vorgedrungen. Das machte den Sami moderne Errungenschaften wie Motorfahrzeuge, Elektrizität und Kommunikationsmittel zugänglich. Zugleich wurden aber auch ihre letzten Vertreter gezwungen, die halbnomadische Lebensweise aufzugeben.
Die Sami hatten sich schon immer durch eine grosse Anpassungsfähigkeit ausgezeichnet. Statt mit ihren Rentierherden über Dutzende von Kilometern von den Sommer- an die Winterweideplätze zu ziehen, siedelten sie sich schliesslich in Dörfern an und wurden sesshaft.
Die Rentierzucht bildet heute noch für rund 15 Prozent der Sami die ausschliessliche Grundlage für den Lebensunterhalt. Nach wie vor ist aber jeder zweite in irgendeiner Form mit der Rentierwirtschaft verbunden. Sei es, dass er im Nebenerwerb welche hält oder sich der Verarbeitung oder dem Vertrieb der vom Rentier ausgehenden Produkte widmet. Aslak ist vielleicht ein typisches Beispiel für seine Generation. «Da man noch vor 30 Jahren nicht wusste, ob die Rentierzucht Zukunft hat, legten unsere Eltern grossen Wert auf eine solide Ausbildung», erklärt er. Dank der dabei erworbenen Englischkenntnisse könnten sie heute den Tourismus als zusätzliche Erwerbsquelle nutzen, fügt er hinzu.
Zurück zum Lemmenjoki. Wie seine Vorväter ist auch Aslak ein passionierter Rentierzüchter. Daneben führt er Touristen auf Bootstouren durch das atemberaubend schöne Flusstal des Lemmenjoki hinauf zu den Ravadasköngas-Wasserfällen. Daneben arbeitet er aber als freier Journalist für das Sami-Radio und engagiert sich auf diese Weise nebenbei auch noch für die Pflege und den Erhalt seiner Kultur.
Rentierzucht ist Knochenarbeit
Als wir auf dem Lemmenjoki-Fluss zurückfahren, drosselt Aslak plötzlich den Motor seines Boots. Er zeigt auf ein Rentier, das in dreissig Metern Entfernung am Ufer seinen Durst stillt. «Es gehört einem Cousin meines Vaters. Es trägt seine Ohrmarkierung», behauptet er kühn. Verfügt er über ein Adlerauge oder flunkert er bloss, um uns aufzuziehen? Das Ohr jedes Rentiers trägt ein bestimmtes Kerbenmuster, das seinen Besitzer verrät und aufzeigt, zu welchem Familienverband dieser zählt. Um die Kälber zu markieren, werden die Herden im Sommer zusammengetrieben. Diese Rentiermarkierung findet statt, solange die Kälber noch eng ihren Müttern folgen. Um die Rentiere einfangen zu können, schwärmt die ganze Sippe in die Wälder aus, wo die Herden die meiste Zeit frei weiden, und treibt sie vor sich her. Kilometerlange Zäune führen die Tiere wie ein Trichter in riesige Gehege. Hier werden die Rentiere anhand ihrer Ohrmarkierungen identifiziert und in angrenzende Pferche aussortiert. Mit Lassos fangen dann die Besitzer geschickt die Kälber ein, um ihnen ihr individuelles Kerbenmuster ins Ohr zu schneiden.
Ein zweites Mal treiben die Züchter ihre Herden jedes Jahr im Spätherbst zusammen. Dann geht es um die Ausscheidung der Schlachttiere und die Identifizierung jener Individuen, die für die Zucht vorgesehen sind. Fand das Treiben früher mühselig zu Fuss und im Winter auf Skiern statt, nutzen die Sami heute auch Motorräder und Helikopter sowie im Winter Motorschlitten. Dennoch ist es nach wie vor eine knochenharte Arbeit. Inbesondere dann, wenn im Oktober die Tage wieder sehr kurz geworden sind und bereits der erste Schnee liegt, ist jede Hand gefragt, um alle Tiere der Grossfamilie zusammenzukriegen. Das erklärt, warum die Rentierzucht bis heute im Kollektiv ausgeübt wird. Vielleicht erklärt es auch, warum Aslak erkannte, dass das Tier am Ufer, das sich im Gebiet seiner Familie labte, einem Cousin seines Vaters gehören musste... Wer übrigens von einem Sami wissen will, wie viele Rentiere er besitzt, landet mit beiden Füssen in einem kulturellen Fettnapf. «Meinst Du das ernst? Ich will von Dir ja auch nicht wissen, was Du verdienst oder wie viel Geld sich auf deinem Bankkonto befindet», quittiert Aslak kurz angebunden die unbedarfte Frage.
Die kulturelle Wiedergeburt
Unter den Sami ist heute eine Aufbruchstimmung spürbar. In der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts wichen Unterdrückung und Diskriminierung in den nordischen Ländern allmählich der Anerkennung. Grund dafür war auch das aufkommende politische Bewusstsein der Sami. So formierte sich 1956 der Nordische Sami-Rat, ein länderübergreifendes, gemeinsames Organ der Sami in Finnland, Norwegen, Schweden und später auch Russland. Das erste samische Parlament, das die Interessen der Sami gegenüber der nationalen Regierung vertritt, bildete sich 1972 in Finnland. Andere folgten nach. Dies führte dazu, dass Schweden fünf Jahre später die Sami als indigene Bevölkerung anerkannte und Norwegen 1990 als bisher einziger Staat eine Konvention der UNO zum Schutz der Grundrechte indigener Völker ratifizierte.
Als Folge dieser Entwicklung ist bei vielen jungen Leuten das Interesse an ihrer Kultur wieder erwacht. Davon zeugt beispielsweise das seit 1996 alljährlich zu Ostern stattfindende Filmfestival im norwegischen Kautokeino. Auf einer Leinwand aus Schnee führen samische Filmemacher ihr Schaffen vor. Es wird als einziges Schneemobil-Drive-in-Kino der Welt bezeichnet. Aber auch die Musik geniesst einen hohen Stellenwert. In Inari kommen seit zehn Jahren immer im Spätsommer Musiker und Besucher zum Festival «Ijahis idja» zusammen: Konzerte, Seminare und Workshops ermöglichen den Genuss traditioneller und experimenteller samischer Musik und den Austausch darüber.
Sajos – politisch-kulturelles Gravitationszentrum
Schauplatz dieses Events ist neuerdings das 2012 in Inari eröffnete Kulturzentrum Sajos. Das grösste Event- und Kongresszentrum in Nordlappland verkörpert anschaulich das neue Selbstbewusstsein der Sami. Unter seinem Dach tagt der Sameting, das Parlament der finnischen Sami. Sajos dient aber auch als Bibliothek, Archiv und Verwaltungssitz und selbst an ein Tonstudio wurde beim Bau gedacht. Allein die spannende Architektur von Janne Laukka, Tuomas Niemelä und Milla Parkkali ist einen Besuch wert – der Grundriss ist einem Rentierkopf nachempfunden. Aber auch das Restaurant, das lappländische Köstlichkeiten offeriert, sowie ein Laden, der traditionelle Produkte samischer Handarbeit anbietet, sind ein attraktives Ziel für Besucher.
Unter dem Dach von Sajos werden wichtige Weichen für die Zukunft der Sami in Finnland und darüber hinaus gestellt. Der Sameting ist für die Regierung Ansprechpartner in allen Belangen, welche die Interessen der samischen Bevölkerung tangieren. Da selbst in Lappland die Sami nur noch vier Prozent der Bevölkerung stellen, ist beispielsweise die Sicherstellung der extensiven Landnutzung für die Rentierzucht ein Dauerthema. Das Parlament sucht aber auch die internationale Zusammenarbeit für Angelegenheiten, die über die Landesgrenzen hinausgehen. So sehen die Rentierzüchter ihre Herden bedroht durch die in ihren Augen stark wachsenden Populationen von Bär, Luchs und insbesondere Vielfrass. «Kommen diese Raubtiere in grosser Zahl vor, schmälert dies den Profit der Rentierzüchter. Damit wird es schwieriger den Lebensunterhalt aus dieser Tätigkeit zu bestreiten. Das bedroht den Fortbestand der Sami- Kultur», lässt sich Heikki Paltto zitieren. Der Vater von Aslak ist als Vizepräsident des Parlaments ein einflussreicher Vertreter seines Volks. Er versucht seine Forderung, die Zahl der Grossraubtiere zu reduzieren, über den Sameting auf die internationale Traktandenliste zu setzen.
Der Sprache auf die Sprünge helfen
Wichtig ist der Einsatz der politischen Vertreter auch für den Erhalt und die Entwicklung der samischen Sprachen. Diese wurden in den vergangenen zwei Jahrzehnten in allen drei skandinavischen Ländern zu Landessprachen erhoben und werden heute wieder in den Schulen gelehrt. Viele Eltern, denen der Gebrauch ihrer Muttersprache von den Behörden untersagt worden war, lernen sie nun mit ihren Kindern neu. «Gerade noch rechtzeitig, um diese Sprachen vor dem Aussterben zu retten», hoffen die einen – «zu spät», befürchten die anderen. Wenn die Kultur der Sami eine Überlebenschance haben soll, ist das Fortbestehen ihrer Sprachen grundlegend. Die Herausforderung dies zu erreichen ist umso grösser, wenn man weiss, dass die Sami sehr verstreut leben. Deshalb haben die Sami-Parlamente von Finnland, Norwegen und Schweden in diesem Jahr ein gemeinsames wissenschaftliches Sprachprojekt initiiert. Geleitet wird es vom Sajos aus. Die Sprachwissenschaftler arbeiten aber verteilt über die Sprachregionen – dort, wo die Sprachen gesprochen werden. «Noch laufen die Aufbauarbeiten, insbesondere die Frage der Finanzierung ist noch nicht restlos geklärt», erklärt Johanna Alatorvinen, die in leitender Funktion im Generalsekretariat des Parlaments arbeitet. Als Fernziel schwebt den Initianten ein linguistisches Kompetenzzentrum vor. Dieses soll beispielsweise neue Begriffe, die im Alltag auftreten, wie «Internet» oder «Schneemobil» in die samischen Sprachen übersetzen und so deren Weiterentwicklung fördern.
Johanna ist übrigens selber ein leuchtendes Beispiel dafür, dass man eine samische Sprache auch als Erwachsene lernen kann. Nach ihren Studien in Personalführung und Management in Finnland und England belegte sie noch ein einjähriges Zusatzstudium in der inari-samischen Kultur und Sprache. «Wir hatten zwar in der Schule samisch gelernt, aber richtig haften geblieben ist es bei mir damals nicht. Um mich mit meiner Grossmutter richtig unterhalten zu können und um glaubwürdig bei diesem Sprachprojekt mitarbeiten zu können, lernte ich die Sprache nun halt als Erwachsene», sagt sie fast entschuldigend.
Fühle ich mich als Sami?
Wie Johanna geht es vielen Sami. Oft ist ein Elternteil Norweger, Schwede oder Finne. Die Familiensprache ist deshalb oft nicht die samische. Das gefährdet die langfristige Überlebensfähigkeit der Sprache. Es wirft aber auch die Frage auf, wer überhaupt ein Sami ist oder sich zumindest als einer fühlt. Dabei geht es nicht nur um die Befindlichkeit der Volksseele. Viel mehr sind damit auch handfeste politische Herausforderungen verbunden. Denn für die Eintragung in die Wahllisten des Sametings muss man seine Sami-Herkunft nachweisen können. Basierend auf einer Volkszählung in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts beanspruchen einige Bewohner Lapplands das Recht, sich als Wähler der Abgeordneten des Sami-Parlaments registrieren zu lassen. Einige sprechen aber weder eine Sami-Sprache noch leben sie die Bräuche der samischen Kultur. Sie stossen mit ihrem Anspruch innerhalb der samischen Gemeinschaft auf heftigen Widerstand. Es geht die Befürchtung um, dass die Sami eines Tages selbst in ihrem eigenen Parlament in die Minderheit versetzt werden könnten.
Es gibt aber auch Beispiele, die genau anders herum für Ratlosigkeit sorgen. Wir treffen in der Nähe von Inari Tuula Airamo auf ihrem Hof. Mit ihrem Mann hält sie im weitläufigen Wald rund um ihr Haus Rentiere. Die Häute der geschlachteten Tiere gerbt sie eigenhändig auf traditionelle Weise. Tuula näht auch die typischen mit Heu gepolsterten Fellschuhe, die ihr Mann auch heute noch anzieht, um im Winter durch die Wälder zu streifen. Den Touristen führt sie die althergebrachten Techniken vor. Ist sie eine Sami? «Mütterlicherseits », gibt sie Antwort. Fühlt sie sich als Sami? Tuula rückt ihre Brille zurecht und lässt ihren Blick langsam über die Weide schweifen. Schliesslich fixiert sie ein Boot, das weit draussen auf dem See vorüberzieht. «Ich weiss es nicht. Diese Frage habe ich mir nie gestellt».
«Es gibt sicher viele, die darauf keine Antwort haben», mutmasst Susanna Guttorm nachdenklich. Sie arbeitet als Redaktorin beim Sami-Radio, das von Inari aus in ganz Finnisch-Lappland empfangen werden kann. Ihr Sender setzt einen erheblichen Teil seiner Sendezeit für die komplexe Diskussion über die Identität der Sami ein. Der Sender versucht aber auch nach Kräften, diese Identität zu stärken und zu fördern. Beiträge in den Sprachen nordsamisch, inarisamisch und skoltsamisch berichten über die Bräuche der Sami und ihren Alltag und sollen so dazu beitragen, dass die Kultur der Sami weiterlebt. Hat denn die Sami-Kultur überhaupt eine Zukunft? «Es sind die Finnen, die darüber entscheiden müssen, ob die Kultur der Sami in ihrem Land weiterleben soll», hält Susanna nüchtern fest. Wie intensiv die Sprache und die Kultur in den Schulen gelehrt werden soll, wie viel Raum in Lappland die Rentierwirtschaft erhalten soll und ob für die Förderung, der lange geringgeschätzten Kultur, Mittel bereit gestellt werden sollen, seien politische Fragen, die nicht von den Sami beantwortet werden könnten, präzisiert die zierliche, junge Frau in bestimmtem Ton.
Das traditionelle Handwerk pflegen
Ob die Sami eine Zukunft haben, wird sich aber auch an der Frage nach ihrer ökonomischen Lebensgrundlage entscheiden. Es ist nicht sicher, wie weit Klimawandel, Industrialisierung und Bevölkerungsdruck die professionelle Rentierzucht in Zukunft noch zulassen werden. Es sind Alternativen gefragt. Erkannt hat man inzwischen das nicht geringe wirtschaftliche Potenzial, das den Sami heute ihre Kultur bietet. So unterrichtet das «Sami Education Institute» in Inari Erwachsene in traditionellen Handwerkstechniken. Als wir die Schule besuchen, sitzt gerade eine Klasse im Hof. Die Studenten schälen in mühseliger Handarbeit Rinde von feinen Zweigen. Versetzt mit Wasser ergibt dies später eine Brühe, die dazu dient, die Rentierhäute haltbar zu machen. Am «Sami Education Institute» wird nach alter Tradition Rentierleder gegerbt und zu den Schuhen mit der typisch nach oben gerollten Spitze vernäht. Aus Holz schnitzen die Kursteilnehmer das Geschirr, aus dem die Rentiersuppe gelöffelt wird und in Gastrokursen lernt man die Verarbeitung der Zutaten lappländischer Esskultur zu kreativen Gerichten, die in Restaurants und in Cateringbetrieben serviert werden können. Das Rentierfleisch stammt übrigens aus dem schuleigenen Schlachthaus.
«Wir wollen die traditionellen Kulturtechniken weitergeben und den jungen Leuten zeigen, wie sich daraus ein Verdienst erzielen lässt. Wir hoffen, so die Abwanderung in die Städte aufhalten und einen Beitrag zum Überleben der samischen Kultur leisten zu können», legt Schuladministrator Mika Aromäki die Ziele des «Sami Education Institutes» dar.
Die Abnehmer für diese auf traditionelle Weise hergestellten Güter sollen in erster Linie Touristen sein, die in Lappland die samische Kultur erleben möchten. Noch steckt der Fremdenverkehr in den Kinderschuhen. Die touristische Infrastruktur ist noch nicht sehr gut ausgebaut. Es ist jedoch gerade dieser Umstand, der Reisenden, die das Abenteuer dennoch wagen, sehr herzliche und authentische Begegnungen ermöglicht.
Um das Potenzial, das im Tourismus schlummert, zu wecken, bietet das «Sami Education Institute» auch Kurse in Tourismus, Marketing und Informationstechnologie an. Dabei kommen modernste Methoden zum Einsatz. Als wir einen Blick in eines der Klassenzimmer wagen, sitzt die Dozentin allein vor ihrem Computer. Ihre Vorlesung wird via Skype zu den Studenten übertragen, die ihr über ganz Lappland und zum Teil in der ganzen Welt verstreut, folgen.
Es gibt kein besseres Bild, das den schwierigen Weg in die Zukunft, auf dem das lange unterdrückte, indigene Volk am Nordrand von Europa mutig aufgebrochen ist, schöner ausdrücken könnte, als dieses. Unterwegs zwischen Internet und Schneemobil auf der einen sowie mit Heu gefüllten Lederschuhen, und Rentieren auf der anderen Seite: Nur wenn diese Gratwanderung gelingt, werden auch Aslaks Enkel am Ufer des Lemmenjoki dereinst einen Joik anstimmen.