Er liegt 277 Meter über dem Meeresspiegel, zählt über 50 Inselchen und Inseln, misst 37 Quadrat kilometer und ist Heimat für rund 58 Vogelarten, darunter 15 Entengattungen – nirgendwo sonst auf der Welt sind so viele an einem einzigen Ort versammelt. Die seltene Spatelente etwa brütet europaweit nur in Island.
Die Rede ist vom «Mývatn» im Norden Islands, übersetzt: Mückensee. Nomen est omen – das gilt auch für dieses weltberühmte Gewässer. Denn das nährstoffreiche Wasser aus den verschiedenen Zuflüssen, darunter der Fluss Laxá, lockt die Insekten an warmen, windstillen Tagen in Scharen an. Für die Vogelwelt bedeutet das eine grossartige Nahrungsgrundlage, eine Art Schlaraffenland – und für Orni- thologen, die aus aller Welt anreisen, ein Paradies, eine Vogelperspektive der Extraklasse.
Hier kommen Reiher-, Berg-, Pfeif- und Knickenten sowie Mittelsänger besonders häufig vor die Linse. Aber auch Grau- und Kurzschnabelgänse, Singschwäne, Odinshühnchen, Stern- und Eistaucher, Sumpfohreulen, Merline und gar Schneehühner lassen das Herz der Vogelfans höherschlagen. Und sollten sich die Tiere einmal rarmachen, so kann man im Sigurgeirs Vogelmuseum auf dem Hof «Ytri-Neslönd» direkt am See sämtliche hier lebenden Arten in Ruhe bewundern – mit Ausnahme des Thorshühnchens.
Neben der einzigartigen Vogelwelt beeindruckt die Region mit ihren Pseudokratern, hier aus der Vogelperspektive gut zu erkennen. Sie entstanden, als sich vor 2000 Jahren nach einem Vulkanausbruch geschmolzene Lava über das ganze Gebiet ergoss und einen See bildete, der zum Teil verhärtete. Die noch flüssige Lava aber floss wieder heraus und bildete die Pseudokrater, die Inseln – und Dimmuborgir, die bekannten Lavahöhlen ganz in der Nähe, wo Islands Weihnachtsgesellen zuhause sind.
Vor 10 000 Jahren hingegen gab es am Mývatn gar kein Leben, nicht einmal Mücken – das ganze Gebiet, damals eine Einöde, war von Gletschern bedeckt.